Fundstück März 2025

Signatur: S-13-14

Am 14. März 1975 verfügte das Freiburger Verwaltungsgericht einen Baustopp für das AKW in Wyhl. Einen Monat zuvor, am Tag des Baubeginns, fand die erste Bauplatzbesetzung in der Geschichte der deutschen Anti-AKW-Bewegung statt. Nach der Räumung des Bauplatzes durch die Polizei wurde der Bauplatz am 23. Februar 1975 erneut besetzt, die Volkshochschule Wyhler Wald wurde gegründet. Dieses Mal verließen die Besetzer:innen den Platz erst im November.

Das Urteil des VG Freiburg wurde sieben Monate später vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kassiert, es schlossen sich jahrelange Gerichtsverfahren an. Nachdem Ministerpräsident Filbinger 1973 erklärt hatte, ohne das AKW würden in Baden-Württemberg die Lichter ausgehen, verschoben die späteren Landesregierungen das Projekt immer weiter nach hinten, bis der Bau des AKW Wyhl 1994 endlich aufgegeben wurde. Seit 1995 ist der ehemalige Bauplatz als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Axel Mayer, Aktivist seit 1974 und einer der Bestandsbildner des Archivs, erinnert an den Protest: „Das Erfolgskonzept der Proteste war die intensive Beteiligung der Kulturschaffenden und die heute unvorstellbare gesellschaftliche Breite und Vielfalt der Bewegung. Da waren Kaiserstühler Winzerinnen und Freiburger Freaks, wertkonservative Landfrauen und dörfliche Honoratioren. Linke Studierende debattierten mit evangelischen Pfarrern. Das war nicht immer harmonisch.

Der Konflikt um Wyhl stand auch für einen Streit um Demokratie in einer bleiernen Zeit, mit verkrusteten politischen Nachkriegsstrukturen und einem Ministerpräsidenten Hans Filbinger als Gegner, der in der Nazi-Zeit als Marinestabsrichter Todesurteile zu verantworten hatte. Die damalige junge Umweltbewegung war auch in politisch und ökologisch düsteren Zeiten hoffnungsfroh und optimistisch.“