Fundstück Juni 2022

Signatur S-2-82

Unser Fundstück des Monats Juni ist ein Plakat, das im Zuge der Auseinandersetzung um den Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf in der Oberpfalz (Bayern) erstellt worden ist.

Das Plakat zitiert das Protokoll einer Besprechung beim TÜV Bayern vom November 1983 zur Vorbereitung des ersten Erörterungstermins, an der unter anderem der Projektleiter der Gutachter-Arbeitsgemeinschaft für die WAA teilnahm. Das Protokoll wurde erst später bekannt und die prägnantesten Verhaltensregeln von den Schwandorfer Aktivist:innen vor dem Erörterungstermin 1988 als Plakat gedruckt.

Als Anlage zum Protokoll wurden den Gutachtern zudem Formeln vorgegeben, wie sie in kritischen Situationen den Einwendern antworten sollten um klare Aussagen zu vermeiden, u.a.:

  • Können Sie die Frage präzisieren?
  • Aus meiner Sicht ist das keine Frage, die diesen Erörterungstermin betrifft, weil …
  • Wir werden diese Frage in der weiteren Begutachtung eingehend bearbeiten.
  • Diese Frage kann nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. Dazu sind die zu unterstellenden Voraussetzungen vorher zu klären.

Zwischen dem Erörterungstermin 1983 und 1988 lagen fünf Jahre erbitterten Widerstandes und harten Polizeieinsatzes gegen das Projekt. Am 22. Februar 1988 wurde der Sicherheitsbericht für die zweite atomare Teilerrichtungsgenehmigung in Wackersdorf öffentlich ausgelegt. Waren 1983 schon 53.000 Einwendungen eingelegt worden, so waren es 1988 mehr als 880.000 Einwendungen, die höchste Zahl an Einwendungen, die es jemals gegen ein Projekt in Deutschland gab. Ein gutes Jahr später, am 31. Mai 1989 wurde der Bau der Anlage eingestellt und das Projekt im Juni 1989 aufgegeben.

Von dem Projekt übrig geblieben sind mehrere Todesfälle auf Seiten der Demonstrant:innen und der Polzei, 120 Hektar gerodeter Wald und ein riesiges Industriegebiet sowie mit dem auf dem auf unserem Fundstück abgedruckten Protokoll ein Beweis, dass der TÜV in Atomverfahren kein neutraler Guatchter war.