Ein geplatzter Druckbehälter: Nach der Reaktorkatastrophe im April 1986 in Tschernobyl stand die Atomlobby auch in Deutschland mächtig unter Druck. Mit einer groß angelegten Anzeigenserie in allen deutschen Tageszeitungen versuchte sie, ihr arg angekratztes Image aufzupolieren. So hat der Reaktorbauer KWU, eine 100%ige Tochterfirma von SIemens, die zu dieser Zeit alle neuen Atomkraftwerke in Deutschland errichtet hat, einen Atomreaktor mit einem Fußball verglichen („Ein populärer Druckbehälter“).
Auf die großformatigen Anzeigen, die im Oktober in den Tageszeitungen erschienen [hier: Süddeutsche Zeitung vom 10.10.1986] hat die Anti-AKW-Bewegung schnell und originell reagiert. In einer ähnlich aufgemachten Anzeige wies der damals sehr beliebte Bundesligaspieler Ewald Lienen auf die Gefahren der Atomenergie und die fragwürdige Werbekampagne der Atomlobby hin („Ein geplatzter Druckbehälter“). Dem prallen Ball des KWU-Ingenieurs Eberhard Michel stellte er einen Fußball gegenüber, aus dem buchstäblich die Luft raus ist: „Jeder Fußballer weiß: Ein Fußball kann kaputtgehen. Oft mitten im Bundesligaspiel, schneller als man denkt. Genauso ist es bei Atomkraftwerken. Jeden Tag kann es zu einem Unfall mit katastrophalen Folgen kommen. Sellafield, Harrisburg und Tschernobyl haben uns das gezeigt.“ [hier: Frankfurter Rundschau am 24.10.1986]. Mit der Anzeige wurde für einen Volksentscheid gegen Atomanlagen geworben. Auch 75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes hat der Bundestag noch zu kein entsprechendes Gesetz verabschiedet, obwohl Artikel 20 in der Verfassung diese Möglichkeit vorsieht.